Wie können Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers überprüfen?

Die rechtliche Frage klären Bild: pixabay

Die rechtliche Frage klären
Bild: pixabay

Die Krankschreibung eines arbeitsunfähigen Arbeitnehmers ist eine Selbstverständlichkeit. Erfolgt die Krankschreibung aber fortlaufend und auch wegen unterschiedlicher Krankheitsfälle oder bevorzugt montags, werden Arbeitgeber misstrauisch. Der Arbeitgeber muss genau überlegen, was er dann tut. Im Zweifel lohnt es sich einen Rechtsanwalt für Arbeitsrecht in Berlin einzuschalten, um die juristische Situation beurteilen zu können.

Überprüfung durch den Medizinischen Dienst

Der Weg des geringsten Risikos gibt § 275  SGB V vor. Danach kann der Arbeitgeber über die Krankenkasse des Arbeitnehmers beantragen, dass die Krankenkasse „zur Beseitigung von Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit“ eine gutachterliche Stellungnahme des medizinischen Dienstes einholt. Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit liegen nach § 275 Ia SGB V insbesondere dann vor,  wenn

  • „Versicherte auffällig häufig oder auffällig häufig nur für kurze Dauer arbeitsunfähig sind oder der Beginn der Arbeitsunfähigkeit häufig auf einen Arbeitstag am Beginn oder am Ende der Woche fällt“,
  • „die Arbeitsunfähigkeit von einem Arzt festgestellt worden ist, der durch die Häufigkeit der von ihm ausgestellten Bescheinigungen über Arbeitsunfähigkeit auffällig geworden ist“,
  • andere Umstände Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit und damit eine Überprüfung durch den medizinischen Dienst der Krankenkassen begründen (z.B. Krankschreibung aufgrund nichtgewährten Urlaubs, vgle. LAG Hamm 18 Sa 1137/02).
  • Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst können aufgrund beamtenrechtlicher oder tarifvertraglicher Regelungen zum Amtsarztbesuch verpflichtet sein.

Beauftragung eines Detektivs

Besteht der Verdacht, dass ein Arbeitnehmer „krankfeiert“, kommt aIternativ der Einsatz eines Detektivs in Betracht. Der Verdacht muss aber schwerwiegend sein. Nur dann kann das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers an der Wahrung und Achtung seiner Privatsphäre zurücktreten. Ein aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgerichts (Urteil v. 19.2.2015, 8 AZR 1007/13) zeigt die Grenzen auf. Wo die Grenze verläuft, ist Einzelfallentscheidung. Es gibt keine pauschalen Vorgaben. Maßgebend ist die Abwägung zwischen dem erheblichen Beweiswert von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, dem Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers und dem Interesse des Arbeitgebers, nicht betrogen zu werden.

Eine Sekretärin hatte sich am Ende 2011 wegen einer Atemwegserkrankung krank gemeldet. In der Folge legte sie bis 28. Februar 2012 vier Krankmeldungen eines Allgemeinmediziners und zwei einer Orthopädin vor. Der Arbeitgeber bezweifelte den zuletzt mitgeteilten Bandscheibenvorfall und beauftragte einen Detektiv. Dieser beobachtete die Frau und erstellte Videoaufnahmen, aus denen er dem Arbeitgeber elf Fotos überreichte. Die Arbeitnehmerin verlangte wegen der Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts ein Schmerzensgeld von 10.500 €. Ihr wurden 1000 € zugesprochen. Der Arbeitgeber habe keinen ausreichenden Anlass gehabt, den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zu bezweifeln. Es genüge nicht, dass die Krankmeldungen von unterschiedlichen Ärzten ausgestellt wurden, sich das Krankheitsbild verändert habe und der Bandscheibenvorfall zunächst hausärztlich behandelt wurde.

In einer anderen Entscheidung hatte das BAG die Beauftragung eines Detektivs für erlaubt gehalten. Der vermeintlich kranke Arbeitnehmer managte ein Café und bediente Gäste (2 AZR 965/06). Die Umstände begründeten in diesem Fall eine verhaltensbedingte Kündigung.

 

You may also like...