Entweder / Oder: Wohnraum- oder Gewerberaummietverhältnis?

Im Mietverhältnis nicht baden gehen

Im Mietverhältnis nicht baden gehen

Nutzt ein selbstständig tätiger Mieter seine Räumlichkeiten sowohl zu Wohnwecken als auch zu geschäftlichen Zwecken, streiten sich die Parteien oft darüber, ob das Mietverhältnis als Wohnraum-oder als Gewerberaummietverhältnis zu qualifizieren ist.

Typisches Beispiel: Der Pächter einer Gaststätte wohnt im Hinterzimmer. Nach der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes lässt allein der Umstand, dass der Mieter mit der geschäftlichen Tätigkeit seinen Lebensunterhalt bestreitet, nicht auf einen gewerblichen Nutzungsschwerpunkt schließen (BGH Urt. v. 97.2014, VIII ZR 376/14). Die Rechtsprechung hat insoweit einen gewissen Wandel vollzogen.

Warum ist der Unterschied so wichtig?

Die Unterscheidung ist deshalb wichtig, als bei Wohnraummietverhältnissen immer das Amtsgericht zuständig und bei Gewerberaummietverhältnissen ab Streitwerten von 5000 Euro das Landgericht zuständig ist. Vor allem kommt nur im Wohnraummietverhältnis der soziale Mieterschutz zum Tragen.

Für Mischmietverhältnisse gibt es nur ein „Entweder – Oder“

Im Fall betrieb der Mieter in einem mehrstöckigen Haus im Erdgeschoss eine Hypnosepraxis. Das restliche Haus nutzte er zu Wohnzwecken. Als der Vermieter kündigte, berief sich der Mieter auf die Kündigungsschutzvorschriften. In der Beurteilung kommt es für die Anwendung des Wohnraummietrechts darauf an,  ein solches Mischmietverhältnis entweder als „Wohnraummietverhältnis“ oder als „Gewerberaummietverhältnis“ einzuordnen ist.

Eine Aufteilung ist nicht möglich. Maßgebend für die Einordnung ist, welche Nutzungsart überwiegt. Feste Regeln gibt es nicht. Allein der Umstand, dass der Mieter seinen Lebensunterhalt mit der gewerblichen Tätigkeit bestreitet, lässt keinen Rückschluss darauf zu, dass das Gewerberaummietrecht Vorrang hätte.

Es zählt der „wahre Vertragszweck“

Zur Einordnung ist der Vertragsinhalt heranzuziehen. Im Idealfall lässt der Vertrag selbst Rückschlüsse zu, aus denen sich auf den vorrangigen Nutzungszweck schließen lässt. Fehlt eine klare Vereinbarung, entscheiden Indizien. Ausgangspunkt ist das verwendete Vertragsformular sowie die Titulierung des Vertrages als Wohnraummietvertrag oder Geschäftsraummietvertrag. Die Verteilung der Gesamtfläche kann richtungsweisend sein.

Überwiegt die Gewerbefläche, spielt eine geringe Wohnfläche keine maßgebliche Rolle mehr. Auch die Verteilung der Gesamtmiete auf die einzelnen Nutzungsanteile ist informativ. Die baulichen Gegebenheiten (Inventar, Zuschnitt) lassen Rückschlüsse auf den von den Parteien gewünschten Vorrang einer Nutzungsart zu.

Im Zweifel ist das Wohnraummietrecht vorrangig

Lässt sich im Ergebnis nicht feststellen, welche Nutzungsart überwiegt, ist im Zweifel von der Anwendung des Wohnraummietrechts auszugehen. Andernfalls ließen sich die zum Schutze des Wohnraummieters bestehenden zwingenden gesetzlichen Regelungen, insbesondere die eingeschränkten Kündigungsmöglichkeiten des Vermieters und die ausschließliche sachliche Zuständigkeit der Amtsgerichte, aushebeln.

Um Unstimmigkeiten zu vermeiden, sollten mietvertraglich idealerweise klare Aussagen getroffen werden, welcher Nutzungszweck im Vordergrund steht und welches Recht zur Anwendung kommen soll.

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