Die Streitwertfrage als Waffe im Prozess

Mehr Geld in der Tasche haben Quelle: RainerSturm  / pixelio.de

Mehr Geld in der Tasche haben
Quelle: RainerSturm / pixelio.de

Der Streitwert ist die zentrale Vorfrage zur Führung eines Prozesses. Es kann durchaus als Waffe genutzt werden. Je höher der Streitwert, desto höher sind die Gerichts- und Anwaltsgebühren. Nach dem Gerichtskostengesetz fallen bei einem Streitwert von 1000 € bei einem Ansatz von üblichen 3,0 Gerichtsgebühren 159 € Gerichtskosten an. Bei einem Streitwert von 100.000 € betragen die Gerichtsgebühren bereits 3.078 €.

Unternehmer erhalten keine Prozesskostenhilfe

Es liegt in der Natur der Sache, dass sich nicht jeder Kläger finanziell in der Lage sieht, Gerichtsgebühren in dieser Größenordnung zu bezahlen. Die Klage wird der Beklagtenseite erst nach Einzahlung der Gerichtsgebühren zugestellt. Zu den Gerichtsgebühren kommen dann noch die eigenen Anwaltsgebühren. Prozesskostenhilfe steht nur natürlichen Personen zu. Ist der Kläger eine Kapital- oder Personengesellschaft, kommt Prozesskostenhilfe nicht in Betracht.

Streitwertbezifferung obliegt zunächst dem Kläger

Es ist zunächst Aufgabe des Klägers, den Streitwert in der Klage zu beziffern. Handelt es sich um eine Zahlungsklage, ist der Streitwert aufgrund des Betrages vorgegeben. Nach dem Streitwert bestimmt sich die Zuständigkeit von Amts- und Landgerichten. Ab 5.000,01 € sind die Landgerichte zuständig. Dort besteht zudem Anwaltszwang.

Nicht in allen Fällen lässt sich der Streitwert beziffern. Klagt der Kläger auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, muss er den Streitwert schätzen. Naturgemäß wird er den Streitwert möglichst niedrig ansetzen. Die Beklagtenseite wird diesen Ansatz bestreiten und behaupten, der Streitwert müsse höher angesetzt werden. Letztlich hat auch die Staatskasse infolge höherer Gebühren ein Interesse an hohen Streitwerten.

Beispiel aus dem Insolvenzrecht

Ein typisches Beispiel mit extremer Auswirkung zeigt sich Insolvenzrecht. Meldet der Kläger eine Forderung zur Insolvenztabelle an, kann der Insolvenzverwalter die Anmeldung bestreiten. In der Praxis bleibt dem Kläger dann meist nichts anderes übrig, als eine Feststellungsklage einzureichen, mit dem Ziel, den Bestand der Forderung festzustellen und in die Insolvenztabelle eintragen zu lassen.

Nach § 182 InsO bestimmt sich der Streitwert in einem solchen Fall nach dem Betrag, der bei der Verteilung der Insolvenzmasse für die Forderung zu erwarten ist. Da der Kläger in den seltensten Fällen weiß, welche Quote er zu erwarten hat, setzt er den Streitwert naturgemäß niedrig an. Insolvenzverwalter behaupten gerne das Gegenteil und beantragen, den Streitwert höher anzusetzen.

Das Gericht bestimmt den Streitwert dann nach eigenem Ermessen. Kommt das Gericht im festen Glauben an die Seriosität des Insolvenzverwalters zu der Auffassung, dass eine hohe Quote zu erwarten ist, setzt es den Streitwert entsprechend hoch an. In der Konsequenz kann dies bedeuten, dass der Kläger die dann dafür maßgeblichen Gerichtskosten und Rechtsanwaltsgebühren nicht mehr bezahlen kann und seine Klage ins Leere verläuft. Den Insolvenzverwalter freut´s. Der Kläger hingegen kann eine Forderung, die möglicherweise absolut begründet ist, im ungünstigen Fall nicht geltend machen. Ist er womöglich insolvenzgefährdet, steht er trotz bestehender Forderung vor einer unüberwindlichen Hürde.

Insoweit kommt es maßgeblich auf die Argumentation an, mit der ein bestimmter Streitwert als zu niedrig oder als zu angesetzt bewertet wird. Um Überraschungen im Prozess zu vermeiden, sollte die Streitwertproblematik mit Bedacht geprüft werden. Es macht keinen Sinn, gutes Geld schlechtem Geld hinterherzuwerfen.

 

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