Über 40 Millionen Menschen verfügen innerhalb der Europäischen Union über kein Girokonto. Dazu zählen neben wirtschaftlich sehr schwachen Haushalten auch Personen ohne festen Wohnsitz. Im April 2014 verabschiedete das Europäische Parlament daher ein Gesetz, welches es den Mitgliedsländern zur Auflage macht, innerhalb von zwei Jahren eine Lösung zu finden, dass jeder volljährige Bürger innerhalb der EU über ein Girokonto verfügt. Das sogenannte Basiskonto kann nur auf Guthabenbasis geführt werden, soll aber jedem zugänglich gemacht werden. Die Politiker versprechen sich davon nicht nur einen Anschub für die Wirtschaft, sondern auch eine bessere gesellschaftliche Integration dieses Personenkreises. Die Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr sollte für jeden eine Selbstverständlichkeit sein.
Das Konto für jedermann – in Deutschland keine Selbstverständlichkeit
In Bezug auf ein Girokonto nur auf Guthabenbasis ist die deutsche Bankenlandschaft zweigeteilt. Die Sparkassen müssen aufgrund ihres öffentlich-rechtlichen Auftrags ein solches Konto eröffnen. Andere Banken haben sich selbst diese Verantwortung auferlegt, dass alle Bürger über ein Konto verfügen sollen. Andere Banken nehmen jedoch Abstand davon, ein Konto auf Guthabenbasis zu eröffnen. Hier liegen zwei Gründe vor:
- Das Konto für jedermann darf nicht überzogen werden, es handelt sich um ein reines Guthabenkonto ohne Ausnahmeregelung. Damit entfällt die Einnahmequelle aus Überziehungszinsen. Diesen Zinssatz berechnen die Banken nach wie vor in einer nicht nachvollziehbaren Höhe. Die Argumentation lautet, dass die Dispozinsen einen Teil der Kosten für die Kontoführung quer finanzieren.
- Der zweite Grund liegt in der Profitabilität des Kunden selbst. Wer ein Guthabenkonto nutzt, verfügt in der Regel über keine Vermögenswerte. Grund für die Nutzung eines solchen Kontos kann beispielsweise eine Insolvenz sein. Mit diesen Kunden lassen sich keine weiteren Geschäfte machen. Für den Wertpapierkauf ist kein Geld vorhanden, die Kreditvergabe ist nicht möglich.
Guthabenkonten teilweise mit hohen Gebühren
Bei der Auswahl eines Guthabenkontos sollten Verbraucher sehr akribisch vorgehen. Teilweise liegen die Gebühren für ein solches Konto deutlich über den Gebühren für klassische Girokonten. Dies ist um so ärgerlicher, da gerade Menschen mit schwacher Schufa stärker auf jeden Cent schauen müssen als andere. Gerade das Guthabenkonto bietet einen Ausweg für Kunden mit negativen Schufa-Einträgen. Dabei bietet das Guthabenkonto am Ende (fast) die gleiche finanzielle Freiheit, wie ein herkömmliches Girokonto. Ergänzt um eine Prepaid-Kreditkarte steht dem Kontoinhaber auch die Möglichkeit frei, im Einzelhandel oder an der Tankstelle bargeldlos zu bezahlen. Lediglich auf die EC-Karte muss in den meisten Fällen verzichtet werden. Dafür bieten viele der Prepaidkreditkarten die Option der kostenlosen Barverfügung an allen Geldausgabeautomaten mit dem Logo der jeweiligen Kreditkartengesellschaft.
Guthabenkonto nicht mit dem „Konto für junge Leute“ verwechseln
Vom Prinzip her ist das Guthabenkonto identisch mit einem Girokonto für junge Leute. Personen unter 18 Jahren dürfen in Deutschland keinen Kredit aufnehmen. Dazu gehört auch das Verbot der Kontoüberziehung oder der Nutzung einer klassischen Kreditkarte oder einer EC-Karte. Insofern sind Guthabenkonto und Konto für junge Leute identisch. Der Unterschied liegt jedoch in zwei anderen Umständen. Zum einen sind die Konten für Schüler, Studenten und Azubis generell kostenfrei. Schließlich möchten die Banken spätere Kunden mit Potenzial für weitere Produkte frühzeitig an sich binden. Der andere Umstand liegt darin, dass mit Erreichen der Volljährigkeit und entsprechendem Geldeingang durchaus ein Überziehungskredit eingeräumt werden kann. Die Konten werden auch nicht mit Erreichen der Volljährigkeit bei Banken mit Kontoführungsgebühr kostenpflichtig. Die Gebührenfreiheit endet erst mit dem Abschluss der Berufsausbildung, spätestens jedoch mit dem 25. Lebensjahr.
Guthabenkonten sind die einzige Lösung für Verbraucher mit schwacher Bonität oder negativer Schufa, weiterhin am bargeldlosen Zahlungsverkehr teilzunehmen. Für Bezieher öffentlicher Leistungen, die kein Girokonto besitzen, stellt die Auszahlung ihrer Ansprüche teilweise eine Herausforderung dar. Sie erhalten ihr Geld per Postanweisung durch den Briefträger. Anschließend müssen sie zur Auszahlung ein Postamt aufsuchen. Gerade in den ländlichen Gebieten hat die Ausdünnung des Postfilialnetzes jedoch dazu geführt, dass längst nicht mehr in jedem Ort eine Poststelle vorhanden ist. Der Ansatz des Europäischen Parlamentes sollte vielen Menschen eine Erleichterung bieten.