Wann berechtigt „Kreditgefährdung“ zum Schadenersatz?

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Liquidität ist das Lebenselixier eines jeden Unternehmens. Beeinträchtigt ein Dritter die Reputation eines Unternehmens, die geeignet ist, die Kreditwürdigkeit zu gefährden oder sonstige Nachteile der wirtschaftlichen Stellung eines Unternehmens herbeizuführen, kann das Unternehmen Schadensersatz wegen „Kreditgefährdung“ einfordern (§ 824 BGB). Mit dieser Problematik hatte sich der Bundesgerichtshof auseinanderzusetzen (Urteil v. 16.12.2014, VI ZR 39/14).

In dem Streitfall ging es darum, dass ein Wissenschaftsjournalist die von einem Unternehmen angepriesenen „Hochleistungsmagnete zur Einsparung fossiler Brennstoffe beim Betrieb von Heizungsanlagen“ als Scharlatanerieprodukt und Gegenstand eines groß angelegten Schwindels und Betruges anprangerte. Das Unternehmen bewertete die Kritik als Schmähkritik, die die unternehmensbezogenen Interessen beeinträchtigt habe.

Abgrenzung Sachkritik / Schmähkritik

Der BGH sah darin keinen Fall von Kreditgefährdung. § 824 BGB bietet keinen Schutz vor abwertenden Meinungsäußerungen. Dies gelte auch für Äußerungen, in denen sich Tatsachen und persönliche Meinungen miteinander vermengen, sofern sie durch die „Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens und des Meinens geprägt“ sind.

Die wertende Kritik an Produkten sei auch dann vom Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt, wenn sie „scharf und überzogen“ formuliert ist. Nur unter engen Voraussetzungen könne eine solche Sachkritik als Schmähkritik angegriffen werden.

Abgrenzung Tatsachenbehauptung / Werturteil

Die Grenzziehung im Einzelfall kann sehr schwierig sein. Das Gesetz erfordert, dass unwahre Tatsachen mitgeteilt werden. Bloße Werturteile genügen nicht. Tatsachenbehauptungen kennzeichnen sich durch die objektive Beziehung zwischen Äußerung und Wirklichkeit. Werturteile und Meinungsäußerungen prägen sich durch die subjektive Beziehung zum Inhalt der Aussage. Der Wahrheitsgehalt einer Tatsachenbehauptung kann mittels Beweis überprüft werden, der von Werturteilen nicht.

Im Streitfall war es so, dass die von dem Unternehmen vorgebrachten wissenschaftlichen Erklärungen der angeblichen Wirkungsweise der Hochleistungsmagnete nicht unter standardisierten Bedingungen und von objektiven Dritten durchgeführt wurden. Vielmehr konnte ihre Wirkung auch auf eine beim Einbau des Produkts erfolgte Wartung und Reinigung der Heizungsanlage zurückzuführen sein.

Das Urteil zeigt die Grenzziehung zwischen Meinungsäußerungsfreiheit, Unternehmenskritik und Integritätsinteresse von Unternehmen auf. Niemand braucht sich den Mund verbieten zu lassen. Zugleich muss aber derjenige, der Dritte und/oder deren Produkte kritisiert, seine Kritik mit besonderer Vorsicht formulieren. Dass Äußerungen dieser Art auch in die gegenteilige Richtung ausschlagen können, hatte der Fall Deutsche Bank / Kirsch gezeigt.

Damals hatte der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank mit eigentlich eher beiläufig geäußerten Worten die Kreditwürdigkeit des Medienunternehmers Kirsch in Zweifel gezogen, mit der Folge, dass das (wahrscheinlich schon angeschlagene) Unternehmen endgültig in der Insolvenz endete.

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